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Ausstellungseröffnung "Christliches Handeln in der DDR"


am 27. Februar 2008 im Rathaus erarbeitet von Religionsschülern
des Clara-Wieck-Gymnasiums Zwickau


Dr. Käbisch - Reichenbach -

Nach der Eröffnung der Schülerausstellung fand im Ratssaal des Rathauses die Veranstaltung zu dem Thema "Stasi, Kirche und Schule" mit anschließender Diskussion statt.


Jonathan Hofmann: "Die Verdrängung der Konfirmation durch die Jugendweihe"
Gabriele Friedrich: "Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements heute"
Dr. Edmund Käbisch: "Wirken der Stasi in Schulen und Patenschaft zwischen der KD und der Pestalozzi-POS Reichenbach"

Extra für den Vortrag hat Dr. Edmund Käbisch sieben weitere Dokumentationstafeln angefertigt. Diese sind der Schülerausstellung beigefügt worden. Am 29. Februar wurden einige Dokumentationstafeln vorübergehend entfernt, weil angeblich private Daten von Holm Singer, der sich als IM "Schubert" bei der Stasi verpflichtet hatte, rechtswidrig veröffentlicht wurden. Diesen Vorwurf erhob der Reichenbacher Rechtsanwalt Thomas Höllrich, der das Mandat von Holm Singer erhalten hatte und drohte mit juristischen Schritten. Es wurde bei der BStU angefragt und überprüft, ob IM-Daten, die im Zusammenhang mit der IM-Tätigkeit bestehen, genannt werden können. Dem wurde schriftlich zugestimmt, denn das Stasi-Unterlagengesetz (StUG) hat dieses genau geregelt und so auch festgeschrieben.

Daraufhin wurden die sieben Dokumentationstafeln erneut in die Schülerausstellung am 6. März 2008 eingefügt.

Einstweilige Verfügung


Am 6. März 2008 erwirkte der Reichenbacher Rechtsanwalt Höllrich im Zwickauer Landgericht eine einstweilige Verfügung. Er hatte das Mandat von Holm Singer, der als IM "Schubert" für die Stasi arbeitete, erhalten. Die persönlichen Daten dieses IM dürften nicht genannt werden. Bei Zuwiderhandelung wurde eine Ordnungsstrafe bis zu 250 000 Euro oder eine Haftstrafe bis sechs Monate angedroht. Der richterliche Beschluss wurde dem Oberbürgermeister Thomas Kießling am 7. März zugestellt. Angeklagt waren die Stadt Reichenbach, der Heimatverein Lichtentanne und das Bildungswerk für Kommunalpolitik Sachsen. In gegenseitiger Absprache wurde beschlossen, die gesamte Ausstellung abzubauen. Wir mussten uns umgehend der richterlichen Verfügung beugen.

Die gesamte Ausstellung konnte in Reichenbach nur für drei Tage gesehen werden!Sie wurde eingelagert in den Lagerhallen des Elektromeisters Winfried Heber.


Der Heimatverein Lichtentanne wurde für den Arbeitskreis "Bibelausstellung" angeklagt. Es musste ein Rechtsanwalt bestellt werden, der das Mandat für den Heimatverein übernimmt. RA Sebastian Franck erklärte sich bereit, diese komplizierte juristische Aufgabe zu übernehmen.

Krisensitzung des Arbeitskreises


Am 2. April 2008 kam der Arbeitskreis zusammen. RA Sebastian Franck beriet uns. Einstimmig wurde beschlossen, sich gegen die Einstweilige Verfügung zu stellen und nicht aufzugeben.

Landgericht


Am 8. April 2008 fand die mündliche Verhandlung zur Einstweiligen Verfügung unter der Leitung der Richterin Gabriele Gerth statt. Im überfüllten Schwurgerichtssaal fand die Anhörung statt. Am 22. April wurde das Urteil gesprochen. Aus formalen Gründen wurde die Einstweilige Verfügung nicht bestätigt. Die Namen von Stasi-Mitarbeitern können nach dem StUG genannt werden.

4. September 2008 im Rathaus Reichenbach


Für Reichenbach wird es ein kleines historisches Ereignis sein. Die Ausstellung „Christliches Handeln in der DDR“ wird am 4. September 2008, 18.30 Uhr, erneut im Rathaus eröffnet – diesmal komplett und erweitert. Im Jahr 2005 hatten Religionsschüler des Clara-Wieck-Gymnasiums Zwickau begonnen zu dokumentieren, wie in der DDR-Diktatur die Menschenrechte der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit mit Füßen getreten wurden.

Im März musste die Ausstellung entfernt werden. Rechtsanwalt Höllrich hatte eine Einstweilige Verfügung beim Landgericht Zwickau erwirkt, weil sein Mandant Holm Singer, der als IM „Schubert“ für die Stasi gearbeitet hatte, forderte, dass sein Name in der Ausstellung nicht genannt werden sollte. Am 22. April wurde die Einstweilige Verfügung aus formalen Gründen aufgehoben. Die Namen von Mitarbeitern der Stasi dürfen nach dem StUG genannt werden. Seitdem werden wieder in der Ausstellung die Stasi-Mitarbeiter ohne Anonymisierungen oder Schwärzungen dokumentiert. Die Tatsachen der Menschenrechtsverletzungen sollten verheimlicht, verschwiegen und vertuscht werden.

Am 4. September werden auch die Ergebnisse der neuesten Recherchen aufgenommen. Holm Singer hat drei Jugendliche, die von der Stasi im OV "Landstraße" bearbeitet wurden, verraten. Sie hatten über zwei Jahre Losungen auf Straßen und Mauern angebracht wie „Russen raus“, „Wiedervereinigung“, „Mauer weg“, „Freiheit statt Sozialismus“. Die DDR-Staatsorgane verfolgten diese Meinungsäußerungen als „staatsfeindliche Hetze“. Die Folge des Verrates: sie gerieten in die Fänge der Stasi und wurden dann bis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Weiterhin regte Singer nach der Verhaftung an, dass weitere Jugendliche schwere kriminelle Handlungen begehen sollten. Das geschah im Auftrag der Stasi, um den Verdacht seines Verrates zu beseitigen.

Nach der Ausstellungseröffnung wird um 19 Uhr ein Gesprächsforum unter dem Thema „Erinnern, statt verschweigen, verdrängen, verleumden" stattfinden. Im Mittelpunkt dieses Abends sollen die Reichenbacher Ereignisse und Erkenntnisse des letzten halben Jahres der Öffentlichkeit vorgelegt und mit ihr diskutiert werden. Es soll erörtert werden, dass jeder Bürger im Rechtsstaat die Möglichkeit hat, sich ungestraft für Freiheit, Gerechtigkeit, Toleranz und Bewahrung der Menschenrechte einzusetzen. In der Auseinandersetzung liegt die Chance, die Demokratie zu erhalten und dass Wege gefunden werden, damit nie mehr ähnliche Verhältnisse entstehen wie in den beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts.

Die Veranstaltung wird von der BStU-Chemnitz, der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Zwickauer Hilfe Zentrum und von WEITERDENKEN – Heinrich Böll Stiftung Sachsen getragen und verantwortet.