Negative Feststellungsklage zum IM "Schubert" Konflikt


Am 24. März 2010 fand im Landgericht Zwickau eine mündliche Verhandlung statt. Holm Singer und sein Rechtsanwalt Thomas Höllrich waren nicht erschienen. Es wurde ein Urteil gefällt. Das Landgericht gab folgende Presseerklärung heraus:

24.03.2010 - Versäumnisurteil im Prozess "IM Schubert"


Die 1. Zivilkammer des Landgerichtes Zwickau unter Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Landgericht Bernd Gremm hat heute in dem Zivilrechtsstreit Dr. Käbisch gegen Singer, Aktenzeichen 1 O 1275/08, ein Versäumnisurteil gegen den nicht erschienenen Beklagten verkündet, der auch nicht anwaltlich vertreten war.

Das Landgericht hat mit dem Urteil festgestellt, dass es der Kläger nicht zu unterlassen hat öffentlich zu behaupten, dass es sich bei dem Beklagten um den "IM Schubert" handelt.

Gegenstand dieses Rechtstreites war ein vorprozessuales Abmahnschreiben des Anwaltes des Beklagten mit dem dieser von dem Kläger die (künftige) Unterlassung der öffentlichen Behauptung verlangt hatte, dass es sich bei dem Beklagten um den "IM Schubert" handele. Diesem Schreiben war eine Ausstellung in Reichenbach vorausgegangen, die vom Kläger organisiert worden war. In dieser Ausstellung waren die Aktivitäten verschiedener informeller Mitarbeiter des ehemaligen MfS der DDR zur Ausspähung und Unterwanderung der evangelischen Landeskirche an Hand von Aktenauszügen der Stasi-Unterlagenbehörde mit voller Namensnennung der ehemaligen IMs, unter anderem des Beklagten, aufgezeigt worden, jedoch ohne eine Bewertung dieser Vorgänge vorzunehmen.

Gegen die Nennung seines Namens in der Ausstellung führte der jetzige Beklagte als Kläger im Jahre 2008 ein erfolgloses einstweiliges Verfügungsverfahren. Das Gericht hatte damals durch andere zuständige Richter keine Entscheidung in der Sache gefällt, weil sich die Klage gegen die falschen Beklagten gerichtet hatte, nämlich die Stadt Reichenbach als Vermieterin der Ausstellungsräume, den Heimatverein Lichtentanne und das kommunale Bildungswerk Sachsen. In dem damaligen Urteil konnte aus Rechtsgründen offenbleiben, ob der jetzige Kläger den Namen des ehemaligen "IM Schubert" mittels der Ausstellung, also öffentlich, nennen durfte oder nicht.

Mit dem heutigen Urteil hat das Gericht in der Sache entschieden, dass der Kläger den Namen des ehemaligen "IM Schubert" öffentlich nennen darf. Das Gericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger in der Ausstellung ausschließlich wahre Tatsachen behauptet hatte ohne diese zu bewerten. Das Motiv und der Zweck der Ausstellung, die der Kläger organisiert hatte, war die Information der Öffentlichkeit über die Unterwanderung der evangelischen Landeskirche durch Mitarbeiter des MfS und nicht eine "Anprangerung" des Klägers. Bei der vorzunehmenden Güterabwägung zwischen dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auf Seiten des Klägers einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beklagten andererseits, erkannte das Gericht ein Überwiegen des Rechtes auf freie Meinungsäußerung, weil bei dem Behaupten von wahren Tatsachen grundsätzlich das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung überwiegt. Eine von dem Beklagten darzulegende, beabsichtigte Prangerwirkung ergab sich aus dem Inhalt der Ausstellung nicht.

Der Beklagte kann gegen dieses Versäumnisurteil binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch erheben. Falls er dies nicht tut, wird das Urteil rechtskräftig.

Hier einige Radio- und Fernseh-Berichte:
Radio Zwickau vom 24. März 2010
TV Zwickau vom 25. März 2010



Zum Urteil des Zwickauer Landgerichtes vom Mittwoch, 24. März 2010, dass die Nennung von Klarnamen ehemaliger Stasi-IM's grundsätzlich zulässig ist, erklärt der Generalsekretär der Sächsischen Union, Michael Kretschmer, auf der Homepage der CDU-Sachsen:

"Der frühere Zwickauer Dompfarrer und Ausstellungsmacher Edmund Käbisch darf den Klarnamen des einstigen Stasi-IM 'Schubert' öffentlich machen. Die heutige Entscheidung des Zwickauer Landgerichts ist nur ein Versäumnisurteil. Das Ergebnis - die Möglichkeit der uneingeschränkten, nicht anonymisierten Geschichtsaufarbeitung - ist aber die einzig richtige Antwort auf den Versuch, die Opfer von damals erneut mundtot zu machen.

Die meisten von ihnen sind durch die Geschehnisse heute noch 'sprachlos'. Wenn sie den Mut finden, über das Erlebte zu sprechen, dürfen sie nicht erneut von ihren Tätern zum Schweigen gebracht und verhöhnt werden. Die Andeutung des Gerichts, dass bei Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht im konkreten Fall im Zweifel für die Wahrheit und für die Meinungsfreiheit entschieden würde, bringt dies zum Ausdruck.

Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, lässt es doch die Hoffnung auf eine wenn auch spät eintretende Rehabilitation der Opfer hoffen".